Urgetreide

Brot, Brötchen und andere Backwaren haben nach wie vor einen hohen Stellenwert in der westlichen Ernährung. Schaut man jedoch kritisch auf die Inhaltsstoffe, so wird schnell klar, dass die weizenbasierte Ernährung dem Körper langfristig eher schadet als nutzt. Eine echte Alternative stellen hierzu die vielfach unbekannten Urgetreide dar. Das Backen in der Vorweihnachtszeit ist eine gute Gelegenheit, Emmer, Einkorn und Co. auszuprobieren. Immer mehr Menschen reagieren empfindlich auf Weizenprodukte. Nicht wenige leiden sogar an Weizenallergien oder an einer sogenannten Pseudoallergie, die zwar nicht nachweisbar ist, aber dennoch Beschwerden bereitet. Müdigkeit, Blähungen, Schmerzen und Durchfall gehören für diese Personengruppe fast schon zur Tagesordnung. Die Ursache ist in der veränderten Glutenstruktur und einem höheren Glutengehalt zu suchen. Moderner Weizen ist so intensiv gekreuzt und gezüchtet worden, dass er dem Getreide von vor 100 Jahren nur noch entfernt ähnelt. Während die Urgetreidesorten noch eine Anzahl von 14 bis 28 Chromosomenpaaren besitzen, so sind es beim heutigen Weizen 42 Chromosomenpaare – damit ist er in seiner Struktur für den menschlichen Organismus wesentlich komplexer. Dass dies den Körper vor eine größere Herausforderung stellt, dürfte einleuchten. Langfristig führt hoher Weizenkonsum selbst bei Menschen ohne Allergiebereitschaft zu gesundheitlichen Problemen wie beispielsweise Gewichtszunahme, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.* Eine gesunde Alternative, gerade auch für gemütliche Backstunden in der Adventszeit, bietet Urgetreide. Auch Menschen mit Reizdarmsyndrom profitieren von einem Umstieg auf die alten Kornsorten, wie eine Studie aus dem Jahr 2014 offenbarte. So konnten sich die Probanden nach dem langfristigen Genuss von Urgetreide nicht nur über einen Rückgang ihrer Symptome freuen, sondern wiesen auch eine deutlich geringere Anzahl an Zytokinen auf. Hierbei handelt es sich um körpereigene Eiweiße, die bei Kontakt mit beispielsweise dem Weizenallergen eine Entzündungsreaktion im Körper auslösen. Nach nur wenigen Wochen waren die Zytokin-Werte um fast 40 Prozent gesunken. Chromosomenpaare im Vergleich Einkorn 14 Dinkel 21 Emmer und Kamut 28 Weichweizen 42 Eine lange Tradition Seit über 10.000 Jahren stellt Getreide eines der menschlichen Grundnahrungsmittel dar. Bereits in der Steinzeit kultvierten die Menschen sogenannte Urgetreide wie Emmer, Einkorn und Dinkel, um auch im Winter über ausreichend Vorräte zu verfügen. Im Gegensatz zum modernen Weizen sind Urgetreide von einer harten Hülle, der sogenannten Spelzschicht, umgeben. Sie schützt das Getreide nicht nur vor schädlichen Umwelteinflüssen und Krankheiten, sondern sorgt auch für sehr lange Haltbarkeit. Was den Steinzeitmenschen half, wird heute jedoch als Manko angesehen, denn das Entfernen der Spelzschicht geht mit einem hohen Arbeitsaufwand einher und verursacht Kosten. Da der Ertrag aus dem Anbau von Urgetreide relativ gering ist, wurden die Getreidearten im Laufe der Zeit immer unattraktiver. Emmer und Einkorn erbringen gerade einmal einen Ertrag von 19 und 35 dzt (Dezitonnen) pro Hektar, Weizen hingegen stolze 80 dzt. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Ertrag von Urgetreide auch nicht durch Düngung zu steigern ist, da die hohen Getreidehalme dadurch noch schneller sprießen und bei Wind und Regen leichter umknicken. Gesunde Kraftpakete Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate gehören zu den sogenannten Makronährstoffen, die den menschlichen Organismus mit Energie versorgen. Moderner Weizen enthält vor allem eines: nämlich Kohlenhydrate. Im Urgetreide, dem Getreide aus dem der Weichweizen gezüchtet wurde, ist hingegen ein ausgewogenes Verhältnis von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen zu finden. So liegt der Gehalt an Eiweiß weit über dem Kohlenhydratanteil, wovon der Körper langfristig enorm profitiert. Immerhin besteht jede einzelne Körperzelle größtenteils aus Proteinen und ist somit zu ihrem Erhalt auf eine kontinuierliche Zufuhr angewiesen. Einen Teil der Eiweiße kann der Körper selbst herstellen, andere hingegen müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Hier spricht man von essenziellen Aminosäuren, die zu Proteinen zusammengesetzt werden. Ein Füllhorn an essenziellen Aminosäuren Vor allem Einkorn und Dinkel warten mit besonders wichtigen Aminosäuren auf. So enthält Einkorn viel L-Phenylamin, das der menschliche Organismus benötigt, um selbstständig Proteine herstellen zu können. Diese Aminosäure gilt als Vorstufe von Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin. Der Verzehr von Einkorn sorgt also dafür, dass man sich insgesamt wacher und konzentrierter fühlt. Zudem enthält das Getreide L-Tyrosin, das eine entscheidende Rolle bei der Synthese von Neurotransmittern (Botenstoffe) und bei der Herstellung der Schilddrüsenhormone spielt. Darüber hinaus enthält Dinkel die wichtige Aminosäure L-Tryptophan, die als Vorstufe des Gute-Laune-Hormons Serotonin angesehen wird. Ballaststoffe regulieren den Blutzuckerspiegel Alle Urgetreide enthalten ein hohes Maß an löslichen Ballaststoffen, die über ein präbiotisches Potenzial verfügen. Als Präbiotika bezeichnet man Bestandteile, die das Wachstum und die Aktivität gesundheitsfördernder Darmbakterien anregen, indem sie den Darmbewohnern beispielweise als Nahrung dienen. Zu diesen freundlichen Bakterien, den sogenannten Probiotika, zählen beispielweise Lakto- und Bifidobakterien, die dem menschlichen Organismus bei der Vitaminsynthese und somit bei einer gesunden Verdauung helfen. Doch die im Urgetreide enthaltenen Ballaststoffe können noch viel mehr. Vor allem Diabetiker und Menschen, die zu Unterzuckerung neigen, profitieren vom hohen Ballaststoffgehalt aller Urgetreidesorten. Die Ballaststoffe sorgen dafür, dass Dinkel und Co. über einen wesentlich niedrigeren glykämischen Index (GI) verfügen, als dies bei Weizen der Fall ist. Der GI gibt Aufschluss darüber, wie schnell die verzehrten Kohlenhydrate ins Blut gelangen. Bei einem hohen glykämischen Index steigt der Blutzucker rasant an. Der Körper ist gezwungen, rasch zu reagieren, indem er möglichst viel Insulin bereitstellt. Allerdings schießt er dabei meist weit über das Ziel hinaus, was zur Folge hat, dass der Blutzuckerspiegel nach relativ kurzer Zeit rapide sinkt. Dies führt zu Abgeschlagenheit, Energielosigkeit, Kopfschmerzen und „brain fog“ (Gehirnnebel). Da Urgetreide über eine niedrige glykämische Last verfügt, werden die enthaltenen Kohlenhydrate nur langsam aufgespalten, was sich durch ein langanhaltendes Sättigungsgefühl bemerkbar macht. Dem Körper steht somit über einen Zeitraum von mehreren Stunden kontinuierlich Energie zu Verfügung. Dies liegt zusätzlich auch an der Komplexität der im Urgetreide enthaltenen Kohlenhydrate. Gesunde Fette sorgen für Elastizität Noch immer ist in den Köpfen vieler Menschen der Mythos „Fett macht fett“ fest verankert. Dass diese These schlichtweg falsch ist, wurde in den letzten Jahren zu genüge debattiert. Der Körper benötigt Fett nicht nur, um Körperfett verbrennen und somit abbauen zu können, sondern auch für dessen Erhalt. Hält man sich die Tatsache vor Augen, dass unser menschliches Gehirn zu 60 Prozent aus Fett besteht, wird die Bedeutung von Fett schnell deutlich. Allerdings ist Fett nicht gleich Fett. So gibt es – vereinfacht dargestellt – gesättigte und ungesättigte Fettsäuren, die sich in zahlreiche Untergruppen aufteilen lassen. Im Urgetreide sind vor allem viele ungesättigte Fettsäuren enthalten, die einen besonderen gesundheitlichen Nutzen haben. Dabei handelt es sich um essenzielle Fette, auf deren Zufuhr der menschliche Organismus stetig angewiesen ist, da er sie nicht selbst bilden kann. Vor allem das menschliche Gehirn profitiert vom hohen Fettgehalt, um seine Leistungsfähigkeit beizubehalten. Ungesättigte Fettsäuren sorgen nämlich unter anderem dafür, dass alle Körperbestandteile – und somit auch die Gehirnzellen – elastisch bleiben. Die fantastischen Vier Zu den Urgetreiden zählen Emmer, Einkorn, Kamut und Dinkel. Alle vier Getreidearten unterscheiden sich nicht nur im Aussehen, sondern auch im Geschmack. Dinkel – der Vollkommene Der wohl bekannteste Vertreter unter den Urgetreiden ist Dinkel. Archäologische Funde datieren seine Entstehung auf einen Zeitpunkt vor rund 5000 Jahren. Dinkel ist sehr robust, er gedeiht auch in höheren Lagen und bei größeren Niederschlagsmengen. In jeder Ähre der Dinkelspindel befinden sich drei Körner, weshalb Dinkel auch als ertragreicher als Emmer oder Einkorn gilt. Einkorn beinhaltet nur, wie der Name schon anmutet, ein einzelnes Korn pro Absatz der Ährenspindel. Bei Emmer sind es zwei – weshalb dieses Urgetreide auch oftmals als Zweikorn bezeichnet wird. Emmer und Einkorn sind demnach die Urformen, aus denen sich Dinkel mit seinen drei Körnern entwickelt hat. Dinkel schmeckt aromatischer als Weizen, sein Geschmack wird oft als nussig bezeichnet. Die Zubereitung von Dinkelprodukten gestaltet sich recht einfach, da Dinkel ähnliche Backeigenschaften wie Weizen aufweist und demnach in Rezepten 1 : 1 getauscht werden kann. Die berühmte Äbtissin Hildegard von Bingen sprach Dinkel im 12. Jahrhundert eine unglaubliche Heilkraft zu: „Dinkel ist das beste Getreide, fettig, kraftvoll und leichter verträglich als alle anderen Körner. Er verschafft dem, der es isst, ein rechtes Fleisch und bereitet ihm gutes Blut. Die Seele des Menschen macht er froh und voll Heiterkeit. Und wie auch immer zubereitet man ihn isst, sei es als Brot, sei es als andere Speise, ist Dinkel gut, lieblich und süß.“ Mithilfe der heutigen Wissenschaft lässt sich diese Aussage nur bestätigen. So enthält Dinkel neben den in allen Urgetreiden vorhandenen Makronähstoffen ein großes Spektrum an Mikronährstoffen, wie Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Nährstoffe Vitamin A, das auch als Retinol bezeichnet wird, findet sich im Dinkel in geballter Form. Dieses Vitamin, das ein wichtiger Bestandteil des Sehpurpurs innerhalb des menschlichen Auges darstellt, ist nicht nur für die Sehkraft von Bedeutung, sondern auch für den Erhalt von Haut, Knochen und Schleimhäuten. Eine ebenso große Rolle spielt das Vitamin für das menschliche Immunsystem, da es die Aktivität der Makrophagen, der sogenannten Killerzellen, steigert. Auch in der Abwendung von Krebserkrankungen spielt Retinol eine nicht zu unterschätzende Rolle. So weiß man inzwischen, dass ein ausreichend hoher Vitamin-A-Spiegel der Entartung gesunder Körperzellen entgegenwirken und gleichzeitig auch das Wachstum bereits entarteter Zellen hemmen kann. Neben Retinol enthält Dinkel auch eine große Menge an Vitamin E, das nicht nur die Funktion des Immunsystems steigert, sondern auch regulierend in entzündliche Prozesse eingreift. Als aktiver Bestandteil aller Zellmembranen, der Außenschicht der Zellen, schützt es diese vor dem Angriff Freier Radikale, die nicht nur von außen in den Körper gelangen, sondern auch bei alltäglichen Stoffwechselprozessen entstehen. Einen weiteren wichtigen Bestandteil im Dinkel stellen gleich drei Vertreter aus der Gruppe der B-Vitamine dar: Vitamin B1, B2 und B3. Sie sind allesamt von enormer Bedeutung für den Energiestoffwechsel und steigern somit unsere Lern- und Leistungsfähigkeit. Das Urgetreide Dinkel glänzt neben dem reichhaltigen Angebot an Vitaminen auch mit einem großen Spektrum an Mineralstoffen und Spurenelementen. So enthält es sehr viel Magnesium, was in der heutigen Zeit von enormer Bedeutung ist. Sind wir doch alle aufgrund der gesteigerten Leistungserwartungen auf eine kontinuierliche Zufuhr angewiesen. Auch Eisen findet sich in beträchtlichem Maße im Dinkel. Dieses Mineral ist vor allem für den Sauerstofftransport und den Aufbau roter Blutkörperchen notwendig. Chrom ist unter anderem wichtig für die Aufrechterhaltung eines geregelten Blutzuckerspiegels. Silizium lässt sich in der Nahrung leider immer weniger finden. Umso wertvoller ist sein hoher Gehalt im Dinkel. Das Spurenelement spielt vor allem für unser größtes Organ, die Haut, eine ebenso große Rolle wie für das Bindegewebe. Ihre Fähigkeit, Feuchtigkeit zu binden, verdankt unsere äußere Hülle dem Silizium. Auch Fingernägel und Haare verlieren ohne ausreichende Mengen dieses Spurenelements ihre Festigkeit und Elastizität. Einkorn – das Unbekannte Ein recht unbekannter Vertreter der Urgetreide ist Einkorn, das nur im biologischen Anbau zu finden ist. Es gehört zu den ältesten Getreidearten. Der Anbau lässt sich bis in die frühesten steinzeitlichen Ackerbaukulturen zurückverfolgen. Vermutlich tauchte das Süßgras zuerst im Gebiet um Euphrat und Tigris auf und wurde von dort aus bis nach Europa verbreitet. Bei der Entdeckung des berühmten Urmenschen Ötzi fand man Einkorn in seiner unmittelbaren Nähe. In der Bronzezeit verlor Einkorn kontinuierlich an Bedeutung. Schuld daran könnte die hohe Arbeitsbelastung beim Anbau gewesen sein, denn die Kultivierung der zierlichen Ähren erfordert eine aufwendige Unkrautbeseitigung, da sich die Reihen erst sehr spät schließen. Darüber hinaus ist auch die Wahl des Erntezeitpunkts äußerst schwierig. Wird zu lange gewartet, werden die Ähren sehr brüchig, was zu einem massiven Verlust führt. Einkorn schmeckt nussig-aromatisch. Die Zubereitung von Brot erfordert ein gutes Fingerspitzengefühl. Da Einkorn-Mehl über einen relativ niedrigen Anteil an Kleie und einen hohen Kleberproteinanteil verfügt, klebt der Teig entsprechend stark. Gebäck und Waffeln können jedoch problemlos daraus hergestellt werden. Brotteig hingegen darf nicht zu lange geknetet werden und sollte mindestens 12 Stunden ruhen. Umgehen kann man diese lange Wartezeit, indem man dem Teig ein Viertel Dinkelmehl hinzufügt. Vor allem für Anhänger der Low-Carb-Bewegung dürfte Einkorn interessant sein, da es unter allen Getreidearten den geringsten Kohlenhydrat- und gleichzeitig den höchsten Proteingehalt aufweist. Nährstoffe Wie auch Dinkel enthält Einkorn sehr viel Vitamin A, Magnesium und Eisen. Darüber hinaus findet sich im Einkorn sehr viel Carotin, dass dem Urgetreide seine gelbliche Farbe verleiht. Aus diesem Provitamin kann der Körper relativ einfach zusätzliches Vitamin A herstellen. Die sekundären Pflanzenstoffe dienen jedoch auch als eines der wichtigsten Antioxidantien und somit als effektiver Schutz vor Freien Radikalen. Sie beugen wirksam Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor und schützen vor Krebs. Unter allen Getreidearten weist Einkorn den höchsten Gehalt an Carotinoiden auf. Es sind noch längst nicht alle Inhaltsstoffe des Urkorns entschlüsselt. Allerdings weiß man inzwischen, dass der Zink-Gehalt bedeutend ist. Das Spurenelement stärkt das Immunsystem, ist ein effektiver Schutz gegen Viren und beeinflusst die Zellerneuerung (wichtig bei der Wundheilung), sowie den Stoffwechsel der Sexual-, Schilddrüsen- und Wachstumshormone. Emmer – der Älteste Emmer gilt als Urform des Weizens. Dieser sogenannte Steinzeitweizen gehört zu den ältesten Wildpflanzen unseres Planeten und wird bereits seit über 10.000 Jahren kultiviert. Die hohen Halme erreichen eine Wuchshöhe von bis zu 1,80 Meter, was wie beim Einkorn den Anbau trotz der Anspruchslosigkeit an die Bodenbeschaffenheit erschwert. Betrachtet man die Härte der Körner, lässt sich die nahe Verwandtschaft zum Hartweizen kaum leugnen. Das daraus gewonnene Mehl ist sehr grob und erinnert an Gries. Der Geschmack von Emmer wird als kräftig und würzig beschrieben. Für die Herstellung von Pfannkuchen, Kuchen, Waffeln und Feingebäck kann Emmer-Mehl problemlos verwendet werden. Wer daraus Brot herstellen möchte, greift am besten auf ein Rezept mit Sauerteig zurück. Nährstoffe Magnesium, Eisen und Zink sind in hohem Maße in Emmer enthalten. Auch Carotinoide sowie Vitamin E, Selen, Vitamin B1 und B6 finden sich reichlich in diesem Urgetreide. Ohne Vitamin B1, das auch Thyamin genannt wird, kann keinerlei Information im Körperinneren ausgetauscht werden. Selbst um unbewusste Abläufe wie das Gehen durchführen zu können, braucht der Organismus Thyamin. Dieses Vitamin fördert die Übertragung und Weiterleitung von Impulsen im Nervensystem und reguliert auch den Stoffwechsel der sogenannten Neurotransmitter. Dabei handelt es sich um Botenstoffe, die wie eine Art Briefträger die Impulse zwischen den Zellen weiterleiten. Vitamin B6 steuert unter anderem die Bildung von Glucose, spielt aber auch eine entscheidende Rolle bei der Traumerinnerung. Wer sich selten an seine Träume erinnern kann, sollte ruhig öfter einmal zum gehaltvollen Emmer greifen. Kamut – der Große Zahlreiche Legenden ranken sich um das Urgetreide Kamut, das auch Khorasan Getreide genannt wird. Seine Herkunft ist bis heute nicht eindeutig belegbar. Am wahrscheinlichsten ist die These, dass es zunächst im Byzantinischen Reich kultiviert wurde und von dort aus in die restliche Welt gelangte. Relativ spät, nämlich 1949, wurde Kamut wiederentdeckt. Ein amerikanischer Pilot brachte das Urgetreide in die USA, wo es zunächst erneut in der Versenkung verschwand. In den 1990er-Jahren ließ sich die amerikanische Familie Quinn den Namen Kamut patentieren, um das Urgetreide vor Genmanipulationen schützen zu können. Wie auch bei Emmer und Einkorn ist der Anbau von Kamut recht schwierig. Der Ertrag dürfte jedoch etwas höher ausfallen, da Kamut-Körner fast doppelt so groß sind wie moderne Weizenkörner. Kamut hat einen milden, leicht süßlichen Geschmack. Das Mehl verfügt über eine sehr gute Klebeeigenschaft, weshalb es wunderbar zur Herstellung von Brot und anderen Backwaren genutzt werden kann. Nährstoffe Kamut überzeugt mit einem besonders hohen Gehalt diverser Mineralien, Spurenelemente und Vitamine. So enthält das Korn reichlich Magnesium, Zink, Kalium und Phosphor. Die Hauptaufgabe des Kaliums liegt in der Flüssigkeitsregulierung. Doch auch für den Transport von Glucose in das Zellinnere und den Aufbau der Magenschleimhaut spielt es eine große Rolle. Phosphor ist Bestandteil von ATP, dem universellen Energieträger in unserem Körper. Darüber hinaus ist der Mineralstoff wichtig für einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt. Kamut liefert außerdem reichlich Selen, Vitamin B6 und Folsäure. Folsäure, die zur Gruppe der B-Vitamine gehört, unterstützt den Organismus bei sämtlichen Zellteilungsvorgängen. Vor allem das menschliche Rückenmark hat einen hohen Bedarf an Folsäure, da hier die Zellteilungsrate besonders hoch ist. Somit ist auch die Blutbildung im Rückenmark ohne Folsäure nicht möglich. Alles in allem gut verträglich Neben all den gesundheitlichen Vorteilen, die aus dem Genuss der nahrhaften Urgetreideprodukte resultieren, gibt es drei nennenswerte Einschränkungen. Zum einen sind Mehl und Produkte aus Urgetreiden schwer zu beschaffen und aufgrund der schwierigen Produktionsbedingungen und des geringeren Ertrags teurer als Weizenmehl und seine Erzeugnisse. Zum anderen sind Emmer, Einkorn und Co. nicht für Menschen mit Zöliakie geeignet. Urgetreide enthält zwar weniger und vor allem andere Glutenstrukturen als der heutige Weizen, kann aber von dieser Personengruppe dennoch schwerer verstoffwechselt werden. Probieren Sie am besten einfach aus, ob Sie eine der alten Getreidearten eventuell doch vertragen – zumindest in kleinen Mengen. Es lohnt in jedem Fall, Familie und Freunde einmal mit einer der gesunden Alternativen in der Weihnachtsbäckerei zu überraschen. Aline Kurt * Siehe NATUR & HEILEN 03/2015 „Überempfindlich gegen Gluten? Wenn Sie sich ohne Brot & Pasta eindeutig wohler fühlen“ Literaturempfehlung: Siegfried Brenneis / Engelbert Kötter: Urgetreide. Dinkel, Emmer, Ur-Roggen und mehr - Chancen für die Bäckerei. Verlag Matthaes, 2016. Hubert Schmidt / Johanna Eisner: Dinkel – wertvoll und schmackhaft. Wissenswertes und Rezepte. Books on Demand, 2015. Urgetreide-Rezepte – schmackhaft und gesund Weihnachtliche Einkorn-Plätzchen Zutaten: 120 g Butter 60 g Kokosblütenzucker 1 Prise Natursalz 1 TL geriebene frische Ingwerwurzel ½ TL Zimt 1 Prise Muskatnuss 180 g Einkorn-Mehl Zubereitung: Butter mit Zucker und Salz schaumig rühren, die Gewürze hinzufügen und kurz mitrühren. Das Mehl zügig unterkneten; den Teig für ca. 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen. Den Backofen auf 180 °C Ober- und Unterhitze vorheizen. Den Teig ausrollen, Plätzchen ausstechen und auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech ca. 10 Minuten backen. Anschließend auf dem Blech auskühlen lassen. Duftende Bratäpfel mit Dinkelfüllung Zutaten: 4 EL geschroteter Dinkel (ca. 15 g) 160 ml Apfelsaft 16 Haselnusskerne 4 EL ungeschwefelte Rosinen Etwas geriebener frischer Ingwer 1 Prise Zimt 4 Äpfel Zubereitung: Dinkelschrot und Apfelsaft mischen und eine Stunde einweichen lassen. Anschließend mit Haselnüssen und Rosinen in einem Blitzhacker zerkleinern und 1 Prise Zimt und den Ingwer dazugeben. Äpfel waschen und trockenreiben. Oberen Teil als Deckel abschneiden und das Kerngehäuse großzügig ausstechen. Die Äpfel in eine kleine Auflaufform geben und mit der Dinkelmischung füllen. „Deckel“ auf die Äpfel setzen, 3 EL Wasser dazu gießen und im vorgeheizten Backofen bei 200 °C (Umluft 180 °C) etwa 20 Minuten garen. Herzhafte Emmer-Muffins (für 15 kleine Muffins) Zutaten: 90 g Butter (alternativ Kokosöl) 1 Ei 1 Prise Natursalz 130 g Kokosblütenzucker 200 g Emmer-Mehl 1 EL Kartoffel- oder Maismehl 1 TL Backpulver oder Weinsteinpulver 1 TL gemahlene Vanille 50 ml Milch (alternativ Dinkelmilch) 2-3 Äpfel Zubereitung: Butter mit Salz und Zucker schaumig rühren; Emmer- und Kartoffelmehl mit Backpulver sowie Vanille mischen und beimengen. Äpfel klein schneiden und unter den Teig heben. In Muffin-Förmchen füllen und bei 180 °C ca. 30 bis 35 Minuten backen.

Der Artikel "Urgetreide" ist Teil der Audio-Ausgabe Juli 2024

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Editorial Juli 2024 · Ich stelle die Fragen, das Leben antwortet · Was die ketogene Ernährung so gesund macht · Tuina-Massage · Leaky-Gut-Syndrom · Das CO2-Trockenbad · Regenerative Landwirtschaft · Was uns die Natur lehrt · PLUS: Die komplette Ausgabe in einem Track

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